Grünes Licht für Wanderfreunde und Pilger
Fachexkursion resümiert: „Kirchenstraße Elbe-Elster“ ist nach Abschluss der Leader-Förderung gut gerüstet
Gabi Zahn
Doberlug „Ich wohne nebenan und sehe mit Freude, dass immer mehr Menschen kommen, die unsere hübsche Kirche besichtigen.“ Was Jutta Schneller in Wahrenbrück schildert, lässt die Herzen aller Mitgestalter der „Kirchenstraße Elbe-Elster“ höher schlagen. Bei einer Fachexkursion zum Abschluss des Förderprojekts waren sie nun auf einem Teilabschnitt zwischen Doberlug-Kirchhain, Schlieben, Wahrenbrück und Mühlberg unterwegs.
Kirchen der Region, egal welcher Größe und unabhängig davon, ob sie fernab oder nah an Hauptstraßen liegen, sollen mithilfe von europäischen Leader-Fördermitteln besser ins Blickfeld gerückt werden. Das ist das erklärte Ziel des Vereins Wald- und Heideland (VWHL) gewesen. Unter dessen Dach haben sich vor fünf Jahren 50 Kirchengemeinden zusammengeschlossen. Jetzt sind gute Grundlagen für den Kirchenstraßen-Tourismus geschaffen. Das ist das Resümee der Fachexkursion, die vergangenen Mittwoch im Refektorium des Zisterzienserklosters Doberlug beginnt und endet. Es bedarf jedoch weiterhin großer Aufmerksamkeit, damit die neuen Möglichkeiten auch genutzt werden.
Schliebens Amtsdirektorin Iris Schülzke erinnert sich: „Die anfänglichen Voraussetzungen waren sehr unterschiedlich. Während Pfarrer Zahn schon damals im Saxdorfer Gotteshaus regen Besucherverkehr verzeichnete, konnten andere Orte nur davon träumen.“ Doch alle Beteiligten – die Fachleute ebenso wie die Pfarrer und Mitglieder der Kirchengemeinden – hätten sich mit ihren Erfahrungen rege eingebracht.
Architekt Onno Folkerts ergänzt: „Wir waren in unserer Arbeit alle indirekt miteinander verbunden, um letztendlich nicht nur die Gotteshäuser zu sanieren, sondern sie als ,Kirchenstraße Elbe-Elster‘ zusammenzuführen und erlebbar zu machen.“
Anreiz für Fördermittelgeber
Wie das geschah, welche Hemmnisse, Überraschungen und Erfolge sich dabei einstellten, das berichten sowohl Folkerts, als auch die Kunsthistorikerin Juliane Stückrad, Kulturamtsleiter Andreas Pöschl vom Landkreis sowie die Restauratoren Evelin Waldmann und Ralph Schirrwagen. In vielen Kirchen, beispielsweise in Lindena, Schlieben, Klein- und Großrössen, Ahlsdorf und im Kloster Marienstern in Mühlberg, konnten Sanierungsvorhaben entweder abschlossen oder weit vorangebracht werden, wie Folkerts aufzeigt. Nicht selten habe erst der Beitritt zur „Kirchenstraße Elbe-Elster“ die Fördermittelgeber bewegt, Zuschüsse zu geben, lässt Vereinsvorstand Matthias Lohfink wissen. Das bestätigt Pfarrer Michael Seifert auch für Wahrenbrück.
Die Ausbildung von ehrenamtlichen Kirchenführern, das Erstellen von Flyern und nicht zuletzt das „Wegehandbuch“, unter redaktioneller Regie von Dr. Juliane Stückrad erstellt, tragen dazu bei, dass letztendlich alle beteiligten Gemeinden gut gerüstet für künftige Kirchenstraßen-Entdecker sind.
Die Autorin ist sich sicher: „Der spirituelle Tourismus wächst langsam, aber stetig. Dieses Potenzial können wir auf den jetzt vorhandenen insgesamt neun thematischen Wegen der Kirchenstraße zu uns lenken.“
Im Verlaufe der Exkursion erzählt die Thüringerin, die an der Universität Jena lehrt und einige Jahre im Elbe-Elster-Kreis gelebt hat, über persönliche Begegnungen mit den hiesigen Menschen. Auf jeder Buchseite lässt sich nachvollziehen, wie diese Eindrücke die Texte des Wegehandbuches in berührender Weise beeinflusst haben.
Wie im Jahr 1863
Nach der Besichtigung der prächtigen Doberluger Klosterkirche – die Gäste werden dabei von Pfarrerin Christine Radziwill begleitet – führt die Tour nach Schlieben, wo Pfarrer Stefan Schönfeld über die Sanierung der Martinskirche spricht. Der Innenraum konnte mittels Bierlasur und aufwendiger Sicherungsarbeiten größtenteils wieder in die Fassung von 1863 gebracht werden. Frank Stiehler, der für die kirchenaufsichtliche Genehmigung verantwortlich ist, bekennt: „Ich hätte nie gedacht, dass es so problematisch sein würde, die Bemalung von 1934 wieder rückgängig zu machen.“
Im Kloster Marienstern in Mühlberg wartet Pater Alois Andelfinger mit umgebundener Kochschürze und serviert den Gästen sein „Klostersüppchen mit Mutschelmehl-Klößchen“. „Ein kulinarischer Geheimtipp für die Kirchenstraße“, schwärmt Ulrich Hartenstein vom Vorstand der Lokalen Aktionsgruppe (LAG) Elbe-Elster.
Beim anschließenden Klosterrundgang erläutert Architekt Onno Folkerts: „Im Jahr 2000 gab es das Ziel, einzelne Baumaßnahmen umzusetzen. Das war Wunschdenken. Die Verwirklichung wurde erst durch die Zusammenarbeit mit der Stadt und der katholischen Kirche möglich. 2002 haben wir mit dem Gesamtkonzept erreicht, dass das Kloster Mühlberg in die Liste national bedeutender Denkmäler eingetragen wird. Damit war der Weg zu Bundesmitteln frei.“
Insgesamt, so rechnet er zusammen, seien seit 1991 etwa 9,150 Millionen Euro in die Sanierung des im Jahr 1228 gegründeten Zisterzienserklosters geflossen – ein Mammut-Finanzpaket aus Eigenmitteln der Kirche, Landes-, Bundes- und Leader-Fördergeldern. Bewegt erzählt Folkerts: „Als wir erstmals den Jutta-Saal betraten, stießen wir mit dem Kopf ans Gewölbe. Der Fußboden war hier und auch im Kreuzgang arg aufgeschüttet worden. Unglaublich, was wir da herausholten.“
Beim Abbruch des Anbaus von 1860 gab es einen weitaus erfreulicheren Anblick: „Der schöne Klosterbrunnen kam wieder zum Vorschein und war völlig intakt. Damit hatte keiner gerechnet.“ Solche und ähnliche Geschichten – wie auch die vom Schwert des Ritters Drandorf in der Schliebener Kirche – hören Touristen nur allzu gern. Diese machen neugierig auf weitere Entdeckungen entlang der Kirchenstraße.
In der Wahrenbrücker Kirche wird insbesondere das kulturhistorische Erbe der Komponisten-Brüder Graun aus dem 18. Jahrhundert gepflegt. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie an unserem Taufstein getauft wurden“, berichtet Pfarrer Michael Seifert.
Weitere Kirchen willkommen
Iris Schülzke beschließt die Expedition wieder im Doberluger Refektorium. Organisiert wurde sie im Auftrag des VWHL von Folkerts Büro. Schülzke findet hoffnungsvolle Worte: „Die eine Förderperiode ist ausgelaufen, aber es startet eine neue. Wir werden Ideen sammeln und wollen Sorge dafür tragen, dass es weiter geht.“ Weitere Kirchen könnten sich einbringen. „Geld für Dinge ausgeben, die wir anfassen können, um damit Geschichte zu erleben und Zukunft zu gestalten – das ist eine gute Sache.“